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Flucht

1

Es war still im Zimmer. Und man roch nur den Hauch von Flieder, der immer wieder durch das offene Fenster drang. Man hörte nichts, außer die weit vom Haus entfernten, vorbeifahrenden Autos. Alles schlief, alles war in Schweigen gehüllt. Plötzlich ein Schrei, als wenn jemand einen Knopf betätigt. Er hallte durchs ganze Zimmer. Immer im Kreis, dann wurde er leiser und starb ab. Mary saß im Bett! Völlig außer Atem, wie gelähmt und sah nur geradeaus. Der Schweiß lief ihr von der Stirn. Sie fühlte ihre Hände, als wären sie in Wasser eingetaucht. In Wirklichkeit war es ihr Bett. Sie hatte so geschwitzt das alles völlig nass war. Was war geschehen? Der Traum - immer wieder der Traum. Sie konnte nicht mehr. Nach einer halben Stunde sah sie sich um, sie fühlte wie sich ihr Körper langsam wieder fasste und langsam wieder anfing sich zu bewegen. Mary war blass wie eine Leiche, sie konnte nicht sprechen, sie war allein, niemand war da, der sie hätte in die Arme nehmen können und sie beruhigen können. Sie drehte sich nur ganz schnell zu ihrem Wecker um, dann wieder schnell zurück. Hatte sie richtig gelesen? Es war erst 1.30 Uhr. Mitten in der Nacht. Nein, warum konnte es nicht schon früh sein? Warum war sie allein? Jede Nacht für sie eine Qual. Jeder Tag immer einsam. Selbst auf der Arbeit redete niemand mit ihr. Sie war nicht beliebt, nicht erfolgreich und hatte keine Familie. Sie war arm, aber ihr reichte es zum Überleben.

Daheim gab es immer Streit wegen ihren schlechten Noten. Sie wurde von ihrem Vater geschlagen und fand bei niemanden Verständnis. In ihrer Schule mochte sie auch niemand. Sie war eigentlich meistens allein. Ihre Banknachbarin ärgerte sie immer. Überhaupt hackten alle auf ihr herum. Sie wussten genau, dass sie sich nicht wehrte. Zu Hause konnte sie mit niemanden darüber reden. Im Durchschnitt war die Klasse gut, nur sie hatte schlechte Noten. Deswegen wurde sie auch immer gehänselt und angemeckert. Dabei empfand sie die anderen nur als Streber. Sie hatte sich immer ein schönes Leben vorgestellt, mit einem Mann, 2 Kindern, einen gut bezahlten Beruf und ein schönes kleines Häuschen, aber dieser Traum wurde bis jetzt nicht erfüllt. Mit 17, als sie mit der Schule fertig war - sie hatte die letzte Zeit bessere Noten und hatte die Prüfungen geradeso bestanden - ging sie von daheim weg. Sie machte dies unauffällig in der Nacht, denn wenn ihre Eltern das mitbekommen hätten, hätte sie vielleicht ihr ganzes Leben daheim verbringen müssen. Sie hatte sich ihre weitere Zukunft nie überlegt, also machte sie keine Ausbildung. Sie wollte nur noch von zu Hause fort. Sie wollte erst mal nach Bayern und sich dort eine Wohnung und einen guten Job suchen. Sie hatte zwar nicht viel Geld auf ihrem Konto, aber sie würde sich nach einer billigen Bleibe umsehen.

 

2

 

Mary fuhr mit dem Zug nach Bayern. Sie hatte nur die wichtigsten Sachen eingepackt. Es waren 2 große Taschen. Mary setzte sich in ein noch unbesetztes Abteil. Nach den weiteren Stationen, setzte sich noch eine Frau und ein Mann dazu. Das machte ihr zu anfangs nicht viel aus, aber später fragte die Frau wo sie denn hinfuhr, so ganz allein. Wahrscheinlich dachte die Frau Mary war erst 14/15 - wie sie tat - und nicht 17.

„Ich fahre zu einem guten Freund" sagte Mary. Sie fühlte sich unwohl und wahrscheinlich gab sich die Nervosität in ihrer Stimme wieder, denn die Frau, wusste für einen Moment nicht, wie sie sich verhalten sollte. Woher sollte die Frau aber wissen, dass sie von daheim abhaute? Mary versuchte ruhig zu wirken. Jetzt fühlte sich die Frau auch wieder sicher und wandte sich zu ihrem Mann. Sie würden schon nicht lang fahren und Mary hoffte, dass die beiden an der nächsten Station aussteigen würden. Was sie natürlich nicht taten, wie sich später herausstellte. Als die Fahrt endlich vorbei war, nahm sie ihre Sachen und wollte gehen, da sagte die Frau noch hinter ihr her:

„Viel Spaß noch!"

„Ja, danke den werde ich haben", gab Mary in Abwesenheit zurück. Es war, als würde sie nicht selber sprechen, sondern als wenn sie nur ihren Mund bewegte. Sie ging durch die Straßen und sah sich nach einen Platz um, wo sie die restliche Nacht schlafen konnte. Sie fand schnell etwas. Mir wird schon nichts passieren und wenn ist es auch nicht schlimm, sagte sie sich. Mary sah ein kleines Gartenhäuschen. Sie klopfte an, aber ihr wurde nicht geöffnet. Mary klinkte und die Tür ging auf. Es war ihr ein bisschen mulmig zumute, aber es schien hier niemand zu wohnen, denn alles war leer. Sie beschloss die restliche Nacht hier zu verbringen und morgen sich nach einer festen Wohnung umzusehen. In der Ecke, sah sie ein Bett aus Stroh stehen. Sie setzte sich darauf - es würde schon gehen. Die Nacht zog sich hin und wenn dann schlief sie nur für ein paar Minuten ein, um dann sogleich wieder aufzuwachen. Ihr Rücken tat weh. Vielleicht hätte sie sich doch lieber auf den Fußboden legen sollen - eine Decke gab es ja.

Als sie früh aufstand, weil sie nicht mehr liegen konnte, war es halb 6. Sie wollte sich noch nicht auf den Weg machen, weil es noch zu dunkel draußen war. Also aß sie erst einmal ihre restlichen zwei Brote, die sie sich gestern Nacht noch schnell geschmiert hatte, und eine Banane vom Obst, dass sie sich noch schnell eingesteckt hatte. Den Rest, würde sie sich für später aufheben. Sie wollte so viel Geld, wie möglich sparen und dann musste sie auch noch auf Jobsuche gehen. Der Tag konnte gar nicht früh genug beginnen. Eine Stunde verging noch, bevor sie losging. Die Taschen waren nicht all zu schwer und sie nahm sie gleich mit. Mary hatte sich erst überlegt die Taschen da zu lassen und später zu holen, wenn sie etwas gefunden hatte, aber dann entschied sie sich anders und sie wollte ihre Sachen auch nicht aus den Augen lassen. Am Ende gab es hier doch jemanden, der hier wohnte und dann sah sie ihre Sachen nie wieder.

Sie lief die Straßen entlang. Dann viel ihr Blick auf ein Haus, wo an der Tür ein Schild hing auf dem "Wohnung zu vermieten" stand ...

 

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